Angefangen hat alles mit dem Umzug in eine größere Wohnung. Der alte Spieltisch war leider etwas zu hoch, und die Holzfarbe passte auch nicht zum neuen Wohnzimmerverbau. Schweren Herzens habe ich nun den kompletten Tisch zerlegt und die Elektronik verpackt. Aber das soll es noch nicht gewesen sein…

Ein Neustart

Wie es der Zufall so will, fand ich auf einem Flohmarkt einen echten Flipper. Zwar recht restaurierungsbedürftig, aber um 100 Euro konnte man hier nicht viel falsch machen, denn zumindest das Gehäuse war noch OK.

Ursprünglich war es ein Williams Comet aus dem Jahre 1985. Leider war das original Backglass nicht mehr drin, sondern ein (noch dazu verstümmeltes) James Bond 007 Backglass. Sämtliche Platinen fehlten, Netzteil und der gesamte Inhalt der Backbox fehlten ebenfalls. Auch Lämpchen und Verkabelung suchte man vergebens.

Also: Spielfeld raus – LCD rein. Es würde schlichtweg zu viel kosten, den Flipper wieder in seinen Ursprungszustand zu versetzen. Die Original-Spulen werden recycelt, um das ursprüngliche Flipper-Feedback beizubehalten. Der Plunger wird digitalisiert, ein Tilt-Pendel eingesetzt, insgesamt 5 Flasher verbaut und einiges mehr. Kurz gesagt – viel Arbeit.

Gottseidank sind die wichtigsten Teile dran. Beine, Metallleisten und Lockbar müssen nur etwas aufpoliert und das Gehäuse abgeschliffen und neu lackiert werden. Der Plunger funktioniert tadellos und auch die Münztür (mit Angabe in Schilling) muss nur etwas aufgefrischt werden. Der Münzprüfer fehlt zwar, aber das ist nicht so dramatisch.

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Der Aufdruck musste leider weichen. Außerdem befindet sich ein Coin-Door großes Loch auf dieser Seite, welches abgedeckt und neu bedruckt wurde

 

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Das Coin-Door war intakt und auch die Schlüssel vorhanden. Inklusive „Vergnügungssteuer“-Aufkleber.

15cm sind zu lang

[Das Cab ist schon mal schwarz lackiert, die Beine ausgerichtet und poliert, die Verriegelung der Lockbar gangbar gemacht und gereinigt und die Frontbuttons habe ich eingebaut.

Um den 42″ LCD einsetzen zu können, habe ich 2 Ausnehmungen in die Seitenwände geschnitten. Der LCD passt nun perfekt hinein (Und dann soll mir noch jemand sagen ein 42 Zöller passt nicht in ein normales Cab!)! Wenn die Metallblenden wieder montiert sind werden sie die Ausnehmungen verdecken.

Durch den LCD stand ich aber vor einem neuen Problem: Die Stange der Abschussvorrichtung ist zu lang! Durch einen Button wollte ich ihn aufgrund der Optik nicht ersetzen, also entschloss ich mich, die Stange einfach zu kürzen. Das klingt jetzt vielleicht etwas brutal, ist aber nicht so schlimm. Da der Plunger ohnehin nicht analog ist, sondern nur mit einem Microschalter versehen wird, ist es egal ob man ihn 15cm (was keiner machen würde), oder nur 2cm hinausziehen kann.

Die original Backbox ist zwar fein, jedoch leider zu breit (es war schon schwierig genug einen Platz für das Cab in der Wohnung zu finden). Also zimmerte ich aus Sperrholz eine neue, etwas kleinere Box. Die Box wird man später aufgrund des 3 Screen Setup nicht mehr einklappen können, was mir aber relativ egal ist.

Die inneren Werte

Langsam aber sicher nimmt der Pinball Form an:
In die Backbox kommen 2 Monitore: Ein 21″ 16:9 Samsung als Backglass, und ein 19″ 4:3 HP Für die Punkteanzeige. Mit einer Art „Wandhalterung“ habe ich die Monitore in der Box befestigt und die Box auf den Korpus gesetzt.

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Das „Herz“ des Cabs ist ein i3-3220 (3,2GHz Dual Core) plus 4GB DDR3 RAM auf einem ASRock H61M Mainboard.

Auf Anraten einiger Forenmitglieder habe ich mich gegen einen Quad-, und für einen DualCore entschieden.
Der Grund dafür ist ganz einfach: Die Emulaturen, welche zum Einsatz kommen, unterstützen max. 2 Kerne, somit würden die restlichen 2 die meiste Zeit nur untätig herumlungern und Kaffee trinken, aber fleißig Strom verbrauchen.

Den LEDWiz und KeyWiz noch ins Gehäuse geschraubt (in der Nähe des Coindoors, um später leichter ran zu kommen) und los gehts.

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Um den Plunger zu erhalten, musste ich ihn wie bereits erwähnt erst einmal kürzen, da der Bolzen dem LCD in die Quere kommen würde. Dahinter ein Microschalter montiert – fertig!
Auch Grafikkarte (GTX 650ti Boost) und SSD (Kingston 120GB) sind zwischenzeitlich angekommen und warten darauf eingebaut zu werden.

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Erste Tests

Erste test waren erfolgreich: Alle 3 Monitore funktionieren und auch CPU und Grafikkarte liefen nicht heiß.

Probleme gabs jedoch mit der Backglassanzeige von Future Pinball: Das Backglass wurde nicht zentriert, sondern etwas versetzt angezeigt.
Die Lösung dieses Problems ist genauso seltsam wie einfach: Ich habe die Reihenfolge der Monitore in den Windows Einstellungen auf 1 – 3 – 2 geändert und schon hat alles funktioniert.

Auch die ersten Tests mit Visual Pinball verliefen positiv:Aufgrund der neuen b2sdirect Backglasses und der hervorragenden LEDWiz Unterstützung ist es eine Freude damit zu spielen! Wahrscheinlich werde ich trotz 3D Grafik und Head tracking Visual Pinball, statt Future Pinball verwenden. Grund hierfür ist 1. die miserable LEDWiz Unterstützung, und 2. sehen viele Tische mit VP einfach besser aus

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Der stumme Winkel

So, nun sind auch 7 der 8 Relais eingebaut (Das Letzte muss ich noch nachkaufen).
Wie auch beim letzten Flipper habe ich hier kleine 12V Relais (Die, die auch im Auto Verwendung finden) gewählt, da sie Feedback geben, aber trotzdem nicht zu laut sind. Hätte ich wie geplant die Originalspulen verwendet, hätte ich wohl bei jedem Spiel meine Nachbarn aus der Wohnung gehämmert 😉

Damit ich auch lautlos spielen kann, habe ich die Stromzufuhr der Relais mit einem Schalter versehen, um sie abschalten zu können. Als „Grundplatte“ für die Relais habe ich mir eine einfache Kastenrückwand zuschneiden lassen und diese unter dem Fernseher eingezogen.

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Die Flasher und das Stroboskop sind ebenfalls schon installiert und müssen nur noch in die maßangefertigte Blende gesteckt werden. Als Flasher recyclete ich einfach die KFZ-Strobos des alten Tisches, da sie perfekt in die Flasher-Gläser passen und ausreichend hell sind. Fürs Stroboskop kamen wieder 2 Leisten mit ultrahellen LEDs zum Einsatz

Weiters schraubte ich 2 Winkel in Höhe der Unterkante des Fernsehers an das Cab, um den Neigungswinkel des Spielfeld-LCD verstellen zu können.

Bauchredner

Zusätzlich zu der onboard Soundkarte hat nun auch eine USB Soundkarte, sowie 2 weitere Lautsprecher den Weg in mein Cab gefunden. Die Lautsprecher montierte ich mittig an die „Relais-Grundplatte“.
Wozu? Ganz einfach: Visual Pinball gibt nun alle mechanischen Geräusche wie Bumper, Kugelrollen, Glocken (bei alten Tischen) u. dgl. über die Boxen im Cab, das ROM der Tische dafür Sprachausgabe, Soundeffekte und Musik über die Boxen in der Backbox aus. Gerade ältere Tische wirken dadurch um einiges authentischer!

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Die Blende für mein DMD sitzt nun in der Backbox. Langsam aber sicher ist die Hardwarearbeit erledigt. Uff.

Auch die restlichen Blenden sind nun fertig und auch eingebaut. Für die Abdeckung des Launch-Lämpchens habe ich mit einem Dremel bewaffnet ein Stück aus dem großen Launch-Button des ersten Cabs geschnitten und eingeklebt.
Nun sind auch die Original-Edelstahlleisten des Flippers wieder an ihrem Platz und verdecken die Seiten des Playfield-LCDs.

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Im Grunde fehlt nun nur noch die Glasscheibe des Playfields und ein Bezel für die Backbox.

BAM, oida !

„Better Arcade Machine für Future Pinball“ ist ein FP Mod, welcher durch einen anderen Renderer versucht, Future Pinball noch realistischer aussehen zu lassen. Weiters skaliert und zentriert BAM gleich automatisch die Tische um den ganzen LCD auszufüllen.
Eine weitere Besonderheit ist das Head Tracking, dass u.A. mittels 2 PS3 Cams, Kinect oder Wiimotes erfolgen kann.

Ich habe mich für die Kinect-Variante entschieden, da hierbei das Tragen einer IR-LED nicht notwenig ist. Nun nur noch den Kinect SDK von Microsoft installiert und – tja…. und auf ein neues OS gewartet, da der Kinect SDK leider erst ab Win7 läuft…

Also gleich einmal Win7 übersprungen und Win8 installiert. FP und VP machten unter Win8 keine Probleme und das Head Tracking funktioniert perfekt! Der Effekt ist wirklich verblüffend – allerdings nur für den Spieler selbst, nich aber (logscherweise) für die Zuschauer.

Leider ist (wie schon erwähnt) die LEDWiz Unterstützung unter FP so gut wie gar nicht vorhanden, also verzichte ich aufs Head-Tracking (zur Freude meiner Kinder, denn die spielen jetzt mit der Kinect auf unserer XBox) und setze weiter auf VP. Um ehrlich zu sein – das Head-Tracking ist schon eine feine Sache, aber eigentlich unnötig…
Warum? Ich weiß ja nicht mit welchem Körpereinsatz ihr spielt, aber ich stehe in der Regel recht ruhig vorm Flipper, wodurch der 3D Effekt nicht wirklich zur Geltung kommt.

Die Win,Win,Win Situation

Die große Frage: Welches Betriebssystem ist am Besten für das Cab geeignet? Windows 8? Windows 7? Oder vielleicht reicht doch Windows XP? (Anmerkung: Zur Zeit des Cab-Baus gabs noch kein Windows 10)

Meinen ersten Versuch startete ich mit Windows XP – klein, ressourcenschonend und schnell gebootet. Alles lief bis auf ein paar Grafikfehler unter VP recht gut, allerdings hatte ich damals noch den Head-Tracking Plan, weshalb ich auf Windows 8.1 umstieg (War weitaus günstiger als Windows 7).

Nun ja, der Plan ist verworfen, nur Windows 8.1 ist noch installiert.
Meine Erfahrungen mit Windows 8.1:
In 20 Sekunden ist das Cab inklusive Frontend (PinballX, dazu komme ich später) gebootet. Der Startvorgang ist so rasch erledigt, dass der Bootscreen von Win8 nicht einmal erscheint. Also Note 1.

Weder VP, noch FP, BAM oder das Frontend machten große Probleme. Einzig der Keywiz Uploader wollte nicht so wie ich will, da dieser zum Upload der Keycodes (warum auch immer) im Focus sein wollte.

Also pfiff ich auf den Uploader und verkabelte den Keywiz einfach so, dass der Uploader obsolet wurde. Vorteil: Ein Programm weniger beim Systemstart. VP funktionierte bis auf wenige Tische von Haus aus perfekt, allerdings ruckelte die Kugel bei manchen Tischen, was das Spielen teilweise recht schwierig machte. Die Lösung: Die Punkte „Region Updates“ und „Region Optimization“ deaktivert und schon gibt es kein Ruckeln mehr!

PinballX und PinballFX2

Ich habe etwas herumprobiert und mich für PinballX als Frontend entschieden.
Es ist Hyperspin sehr Ähnlich (Man kann auch die Hyperpin Media Packs verwenden), allerdings lässt es sich wesentlich leichter konfigurieren. Es startet und es läuft auch weentlich schneller als Hyperspin.
(Auch nicht zu unterschätzen sind die sehr aktive Community und der hilfsbereite Dev). Mit Playfield-, und Backglass Videos für die meisten Tische sieht schon die Tischselektion sehr gut aus! Weiters habe ich mein Cab um einen Emulator erweitert: PinballFX2.

PinballFX 2 ist kein Emu- , sondern eher ein Simulator. Die Tische sind allesamt neue Kreationen mit Elementen, wie sie im RL nicht möglich wären. Es geistern mehrere Versionen von PinballFX 2 im Web herum. Neben der Humble Bundle und der Steam Version (die beide OK sind) gibt es da noch die Win8 Version, die über den Appstore verfügbar ist.

Zur Appstore Version kann ich nur sagen: Finger Weg!! Neben ein paar Tischen und Einstellungen fehlt die wichtigste Option: Drehung des Tisches um 270° (Cab Version). Alle Versionen haben die Option, nur die Win8 Version nicht…

Mittels einem Autohotkey Script lassen sich auch die PinballFX 2 Tische ansteuern und starten – cool!

Flash, aaaa!

Das Cab bekam nun eine 4mm dicke Acrylplatte verpasst (Theoretisch würde eine Platte bis 6mm Dicke reinpassen, allerdings bekam ich leider keine dickere), was natürlich ein Problem offenbarte:
Durch die Einsparungen an dein Seitenwänden wegen des 42“ LCD hängte die Platte in der Mitte ein wenig durch. Also schnell aus Teilen der Abdeckung der Playfield-Lautsprecher, einem Seitenschneider und Schleifpapier 2 Stützen gefertigt, eingeklebt und schon hängt Nichts mehr. Weiters habe ich 2 zusätzliche Flasher (die gleichen LED Stripes wie für das Strobe nur in Farbe) an eher nicht so gängigen Positionen angebracht: Einen jeweils links und rechts an den Seitenwänden.
Warum? Ganz einfach: So spielt sich die „Light-Show“ nicht mehr ausschließlich an der Oberseite des Spielfelds ab.

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2do: Ein Topper
Eigentlich wollte ich keinen Topper anbringen. Da es jedoch unsere Katzen recht witzig finden, vom Spielfeld auf die Backbox und wieder zurück zu springen, muss ich die Oberseite etwas verbauen um ein zerkratzen der Acrylplatte zu verhindern. Vielleicht werde ich so dann auch die Unmengen an Katzenhaaren an der Platte los (verdammt seist du, elektrostatische Aufladung!)

Irgendwann werde ich auch die Flasher gegen RGB Flasher tauschen – allerdings benötige ich hierzu ein neues LEDWiz, da mit die Outputs ausgehen. Da ich leider einen der 4 Controller gebrutzelt habe, stehen nur 24 der 32 zur Verfügung. (Spoiler: Sorry, diesen „Mod“ habe ich dann doch leider nie durchgeführt, wäre aber sicherlich cool gewesen.)

This is the Police speaking

[Das Schwierigste war, ein geeignetes Drehlicht zu bekommen – die USB Lösungen waren allesamt zu schwach, die 230V Lösung noch dazu mit 60 Umdrehungen pro Minute zu langsam. Fündig wurde ich dann doch beim freundlichen Asia-Markt von Nebenan.

Damit das Ganze nicht gar so klobig wirkt, habe ich erst einmal den Magneten fürs Autodach entfernt, den Sockel abgesägt und geschliffen, den Motor im Gehäuse der Backbox versenkt und das Licht aufgesetzt (auf die Backbox 😉 ). Da das Ding mit 12V läuft habe ich das Licht direkt an das LedWiz angehängt, getestet und – Nichts passiert. Gar Nichts. Nada.

Des Rätsels Lösung: Die H7 Lampe des Drehlichtes dürfte wohl etwas zu viel Strom fressen, also wird es nun über ein 12V Relais direkt vom Netzteil gespeist – fertig!

Ich bin noch am herumprobieren, wie ich den Topper am Besten über das LedWiz ansteuere. Derzeit scheint mir den Gears und Shaker Motor, sowie den Beacon und Fan auf den Topper Output zu legen die Beste Lösung zu sein.

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Press any key to continue

Da die original Flipper-Buttons nicht mehr gut funktionierten und eine Reparatur nicht möglich war (Anscheinend wurden sie schon mal mit einem Lötpazen „repariert“) musste ich sie tauschen. Verwendet hierfür habe ich 2 transparent-rote Buttons, welche ich noch herumliegen hatte und knipste jeweils einen Leafswitch-Champ anstatt der normalen Mikroschalter an die Buttons, um das „Flipper-Feeling“ zu erhalten.

Da der Platz aufgrund des Plungers und dem LCD recht knapp bemessen war und die Pseudo-Leafswitches nicht gerade klein sind, gestaltete sich die Sache als nicht gar so einfach. Nach einigem herumprobieren fand ich jedoch den richtigen Winkel und konnte weiterflippern.

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Tja, und da alles einmal ein Ende hat, endet hier auch der Zusammenbau des virtuellen Flippers nach einem Jahr Arbeit. Funktioniert hat er tadellos, einzig eine zweite Lüftung musste ich zwecks Kühlung einbauen. Da er jedoch trotzdem zu viel Platz in Anspruch nahm, bekam er ein neues zu Hause im Burgenland (Hallo Martin 😉 ). Dort wird er regelmäßig bespielt und steht bei Seinesgleichen. Hoffentlich wird er von den anderen Flippern nicht gemobbt, weil er anders ist…

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Und zu guter Letzt das Cab in Action. Schade, dass ich es hergeben musste…

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